Neue Drehleiter für die Feuerwehr Norden
Drehleitern werden wegen ihrer markanten Bauform, den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und beeindruckenden Leistungsdaten in Fachkreisen gerne als „Königin“ unter den Feuerwehrfahrzeugen bezeichnet. Die 26 Jahre alte Königin der Freiwilligen Feuerwehr Norden dankte am vergangenen Freitag ab und übergab den Thron an ihre Nachfolgerin. Im Hilfeleistungszentrum übergab Bürgermeister Heiko Schmelzle das neue Hubrettungsfahrzeugs an Stadtbrandmeister Thomas Kettler. Den symbolischen Schlüssel übergab er weiter an Gruppenführer Berthold Mennen sowie Maschinist Thorsten Carls. Der Vorsitzende des Feuerwehr- und Ordnungsausschusses Wolfgang Hinrichs, Landrat Olaf Meinen, Thorsten Frielinghaus von der Norder Polizei, Kreisbrandmeister Dieter Helmers sowie Regierungsbrandmeister Erwin Reiners hielten Ansprachen und sprachen Glückwunsche aus.
Durch die Pandemie verliefen Abholung und Einweisung gänzlich anders, als es sonst bei Neufahrzeugen üblich ist. In der letzten Maiwoche holten der Stadtbrandmeister, sein Stellvertreter Thomas Weege und Zugführer Norbert Krüger das Fahrzeug beim Hersteller Rosenbauer im Werk Karlsruhe ab. Nach der technischen Abnahme wurde das Fahrzeug mit einem Zwischenstopp am Kölner Dom nach Ostfriesland überführt. Gleich am nächsten Morgen startete ein Trainer von Rosenbauer in Norden die Schulung von zehn Drehleitermaschinisten. In den Tagen darauf begann die Schulung der Atemschutzgeräteträger zur Bedienung des Rettungskorbes und seiner Anbauteile.
Die Drehleiter stellt in Norden un einigen Umlandgemeinden den zweiten Rettungsweg in zahlreichen Gebäuden wie Hotels, Wohnobjekten, Pflegeheimen etc. sicher. Alle Gebäude müssen über zwei Rettungswege verfügen. Wobei der zweite Rettungsweg über Leitern der Feuerwehr sichergestellt werden kann. Bis zum zweiten Obergeschoss reichen tragbare Leitern, darüber hinaus ist eine Drehleiter vorgeschrieben. Somit ist die Drehleiter in Norden baurechtlich zwingend erforderlich.
Neben der Rettung aus Höhen ist die Brandbekämpfung eine der beiden Hauptaufgaben einer Drehleiter. Die technischen Entwicklungen haben sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Ausstattung und Funktionen des neuen Hubretters sind daher kaum mit dem Vorgänger aus dem Jahr 1995 zu vergleichen. Die auffälligste Neuerung ist der abknickbare Leitarm. Der oberste Teil des Leiterparks, der Korbarm lässt sich um bis zu 75 Grad abwinkeln. Dies ist beispielsweise hilfreich bei Löscharbeiten an rückwärtigen Gebäuteteilen, beim Aufstellen in engen Straßen wie dem Neuen Weg oder aber bei Wasserrettungseinsätzen an Gewässern. Das Einsatzspektrum vergrößert sich somit erheblich und schafft auch mehr Sicherheit für die Einsatzkräfte. Besonders die Möglichkeiten zum Transport von Patienten für den Rettungsdienst haben sich erheblich verbessert.
Der Rettungskorb hat in den letzten 26 Jahren ebenfalls eine gigantische Verbesserung erfahren. Konnten der Korb bislang unter günstigen Bedingungen nur max. drei Personen bzw. ein Gewicht von bis zu 270kg aufnehmen, so sind es heute 500kg oder aber fünf Personen inklusive Schutzausrüstung.
Nach fast genau 70 Jahren endet mit der Ersatzbeschaffung die Ära der Staffeldrehleiter in Norden. Seit 1952 gehört eine Drehleiter zum Fuhrpark der Norder Feuerwehr. Alle bisherigen drei Drehleitern (Typen DL22 und DLK 23/12) boten Platz für eine Staffel, also sieben Feuerwehrleute. Um jedoch die Durchfahrtshöhen genormter Feuerwehrzufahrten passieren zu können, darf ein Feuerwehrfahrzeug nicht Höher als 3,30m sein. In der Stadt Norden gibt es mehrere solcher Durchfahrten die die Bauhöhe limitieren. Mit den heute am Markt verfügbaren Fahrgestellen lässt sich eine Staffelkabine mit der Bauhöhe jedoch nicht mehr realisieren. Weiterhin wird Platz für die umfangreiche Beladung benötigt. Die neue Drehleiter wird deshalb nicht mehr alleine ausrücken, sondern immer von einem Löschfahrzeug begleitet werden.
Technische Daten
Typ und Aufbau
- DLAK 23/12
- Rosenbauer L32A-XS 3.0
Fahrgestell
- Mercedes-Benz Atego 1630 mit Automatikgetriebe
- Trupp-Kabine für Besatzung 1:2
Leiterpark
- fünfteiliger Leitersatz
- neigbarer Korbarm (Länge 4,35m)
- Lastösen am unteren Leiterteil mit einer Tragkraft bis zu 4.000kg und an der Leitspitze bis zu 650kg
- Rettung von zeitgleich bis zu 15 Personen in Brückenfunktion
- Wasserführung im obersten Leitersatz bis in den Korb
- Rettungshöhe max. 30m
- Arbeitshöhe max. 32m
Rettungskorb
- Nutzlast 500 kg für max. 5 Personen im Korb (inklusive persönliche Ausrüstung)
- 4 Korbeinstiege: 3 x aufrecht zu begehen, 1 x ausgeführt als klappbare Überstiegsleiter
- integrierte Wasserleitung
- schwenkbares Korbbedienpult
- Nutzlast der schwenkbaren Krankentragenlagerung bis zu 300kg
- Korbselbstschutzsprühanlage
- Kamera am Korbarm und im Korbboden
- Transportlagerung für Rollstühle
- Einhängevorrichtung für Abseilgerät
- kippbare Schuttmulde
- fernsteuerbarer Wasserwerfer mit einer Ausstoßrate bis 2.000l/min
- Stromversorgung 230V/400V
Besondere Funktionen
- Target Memory System zum automatischen, wiederholten und zeitoptimierten Anfahren eines Ziels
- Vertikal-Rettungssystem zur vertikalen Seilrettung aus Schächten
- automatische Rückholfunktion
- automatische Ablage des Leitersatzes
- automatisches Absetzen des Rettungskorbes vor dem Fahrerhaus
- 3D-Lastmessung
- Aktive Schwingungsdämpfung
Beleuchtung und optische Wanreinrichtung
- Umfeldbeleuchtung
- Podiumsbeleuchtung
- Aufstiegsbeleuchtung
- Bodenstützenbeleuchtung
- Hindernissbeleuchtung Safe-Sky
- div. zusätzliche Arbeitsscheinwerfer
- Rundumleuchten sowie Blitzer an der Front, am Leiterfuss, an der Lafette sowie den Korbodenecken
- Full-LED-Konzept
Beladung und sonstige Ausstattung
- 3x Pressluftatmer (1 davon angepasst für den Maschinisten)
- Schleifkorbtrage
- Schwerlastschleifkorbtrage
- Elektro-Lüfter mit Korbhalterung
- Stromerzeuger 14kvA
- Motorsäge und Schnittschutzkleidung
- Sprungpolster
- Abseilgerät
- Rückfahrkamera
- Heckwarnanlage
- Ladestromerhaltung und Drucklufteinspeisung
- Absicherungsmaterial
- FlexiFoam-System zur Erzeugung von bis zu 160m³ Mittelschaum oder bis zu 240m³ Leichtschaum pro Minute und Abgabe über den Rettungskorb
(wird separat auf Rollcontainer mit Schaummitel per Logistik-Fahrzeug nachgeführt) - Navigationssystem mit Abruf des Einsatzauftrages
- Tablet mit Anbindung an das interne Einsatzinformationssystem
- Entfernungsmessgerät
Video der Übergabe des Vorgängers 1995
Fotos: Marina Klaassen, Sebastian Stellmacher, Jessica Kettler , Thomas Weege