Frühjahrsübung beim Norder Gesundheitsamt
Schreckmoment für Dr. Eimo Herren, Amtsarzt des Landkreises im Norder Gesundheitsamtes am Neuen Weg. Am Dienstag brach in seinem Amt in der dritten Etage ein Feuer aus, welches sich zügig ausbreitete und die darüber befindlichen Etagen verrauchte.
Er und seine Verwaltungsleiterin Kristina Kendzia konnten sich selber in Sicherheit bringen und die Feuerwehr rufen. Für insgesamt 16 weitere Personen war die Situation dagegen brenzliger, denn Feuer und Rauch versperrten ihnen die Fluchtwege. Was so dramatisch klingt, war die Ausgangslage der diesjährigen Frühjahrsübung der Freiwilligen Feuerwehr Norden, die Brandmeister Werner Stellmacher und Löschmeister Volker Leubner ausgearbeitet hatten. Schlechtes Wetter ließ dabei jedoch eher auf eine Herbstübung schließen.
Als die ersten Feuerwehrfahrzeuge das Amt, welches in dem ehemaligen Hauptverwaltungsgebäude der früheren Doornkaat AG ansässig ist, erreichten, war die Lage sehr unübersichtlich. Aus den höheren Etagen drang Rauch, aus einem geöffneten Fenster beugte sich eine Person die zu springen drohte und die Amtsleitung berichtete von noch weiteren Vermissten. Die beiden stellvertretenden Stadtbrandmeister Thomas Kettler und Thomas Weege waren als erstes vor Ort und versuchten sich schnellstmöglich einen Überblick zu verschaffen, was bei dem verwinkelten Gebäudekomplex und der dichten umliegenden Bebauung gar nicht so einfach war.
Die Atemschutzgeräteträger sollten im Inneren nach Eingeschlossenen suchen, die Drehleiter erhielt den Auftrag zur Menschenrettung im Innenhof. Doch der Plan musste schnell wieder verworfen werden, denn die einzige Zufahrt war durch parkende Autos blockiert. Das Hubrettungsfahrzeug konnte nicht in Stellung gebracht werden, ein „Plan B“ musste her. Die Feuerwehr musste zum allerletzten Mittel greifen, die Person, welche eine Übungspuppe war, musste aus mehr als zwölf Metern Höhe in ein Sprungpolster springen. Dieser Art Rettungsaktionen sind äußerst gefährlich und ziehen in der Regel immer schwere Verletzungen nach sich und werden deswegen auch nur durchgeführt, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt.
Der Fahrer eines Lieferwagens sah die Flammen aus dem Gebäude schlagen und ließ sich dadurch ablenken, wodurch er einen Fußgänger überfuhr und unter seinem Wagen eingeklemmte. Auch für diese Übungsaufgabe musste schnell eine Rettungsmaßnahme geplant und durchgeführt werden.
Thomas Kettler, der inzwischen die Einsatzleitung übernommen hatte, erkannte dass die eigenen rund 80 Einsatzkräfte nicht ausreichen und veranlasste daher fiktiv die Alarmierung der Nachbarwehren aus der Samtgemeinde Hage und der Drehleiter Aurich. Der Einsatzzug Nord des Deutschen Roten Kreuz (DRK) war mit 25 Helfern und mehreren Fahrzeugen ebenfalls vor Ort und übernahm die „Verletzten“, die aus dem Gebäude gerettet wurden. Die Verletztendarsteller stammten von der Jugendfeuerwehr. Für die zahlreichen „Opfer“ musste eine Verletztensammelstelle eingerichtet werden. Die „Verletzten“ mussten zusätzlich auch noch vor Regen und Kälte geschützt werden. Auch für die Atemschutzgeräteträger musste ein Bereitstellungsraum und ein Platz zum Austausch der Geräte gefunden werden. Doch genügend Platz gab es dort kaum, zumal in der Doornkaatstraße auch noch eine Baustelle eingerichtet war. Und auch im Neuen Weg, Nordens Fußgängerzone, wurde es mit zunehmender Zahl an Einsatzfahrzeugen und Schaulustigen immer enger. Durch den „Brand“ war der gläserne Außenfahrstuhl mit einer Person stecken geblieben. In den Schacht drang ebenfalls Rauch ein. Die Einsatzkräfte suchten lange nach der Steuerungs- und Antriebstechnik des Lifts, um ihn manuell abzusenken. Über zwei Notfallrufnummern des Hersteller versuchte man Hilfe zu bekommen, doch unter den Nummern war niemand zu erreichen. Bis zur Befreiung wurde der Schacht mit einem Be- und Entlüftungsgerät rauchfrei gehalten. Unbemerkt von dem ganzen Trubel bauten auf dem Gelände der Industriebrache weitere Kräfte eine Wasserversorgung vom Norder Tief auf.
Gegen 21 Uhr wurde das Übungsende eingeläutet. Alle Beteiligten waren dann vom Dauerregen durchnässt und räumten die Gerätschaften wieder ein. Im Hilfeleistungszentrum folgte anschließend noch eine Nachbesprechung. Thomas Kettler und Thomas Weege resümierten dort mit den Übungsteilnehmern und den Objektverantwortlichen. Schwerwiegenden Mängel gab es keine. Dennoch wurde erneut festgestellt, dass der Neue Weg mit seinen anliegenden Gebäuden und Straßen ein sehr heikles Thema ist und die Ordnung des Raumes genauesten durchdacht sein muss. Schon bei früheren Einsätzen und Übungen hat das zu Problemen geführt, da man sich dort den notwendigen Raum schnell verbauen kann. Während der Geschäftszeiten sollten umliegende Verkaufsräume als Verletztensammelstellen einbezogen werden, da es dort warm, trocken und hell ist. Der seit Februar im Probebetrieb befindliche Digitalfunk hinterlässt einen guten Eindruck. Die Kommunikation ist mit der neuen digitalen Technik deutlich zuverlässiger und bringt einen enormen Zugewinn an Sicherheit, besonders bei den Atemschutzgeräteträgern. Die Wasserversorgung in dem Bereich ist durch das nahegelegene Norder Tief und Hydranten relativ leicht sicherzustellen.
Fotos: Erich Weege