Große Gefahrgutübung im Norddeicher Hafen

27.09.2025, 08:00 Uhr, geschrieben von Thomas Weege in Aktuelles »

Rund 200 Einsatzkräfte aus ganz Ostfriesland haben am Sonnabend im Norddeicher Osthafen und im Seegebiet zwischen Festland und den Inseln eine Großübung durchgeführt. Diverse Einheiten der Feuerwehren, des Deutschen Roten Kreuzes, der Seenotretter, die Leitstelle Ostfriesland, der Hafenbetreiber NPorts, das Hubschrauberunternehmen Northern Helicopter (NHC),die Entsorgungsreederei sowie die AG Reederei Norden-Frisia übten mehrere Stunden einen Gefahrstoffeinsatz auf einem Frachtschiff.

Die MS Störtebeker, ein Frachter der Entsorgungsreederei, war am Morgen von Norderney auf dem Weg nach Norddeich. An Bord befanden sich mehrere Abrollcontainer mit Haus- und Gewerbemüll sowie ein Lkw. Mitten während der Überfahrt brach in einem Container ein Brand aus. Die Schiffsbesatzung meldete den Brand gegen 9 Uhr per Notruf und begann mit ersten Löschmaßnahmen. Dabei kam es zu einer chemischen Reaktion in dem Müllbehälter, was daraufhin deutete, dass sich in dem Müll ein irgendein Gefahrstoff befinden muss. Bei den Löscharbeiten verletzten sich mehrere Besatzungsmitglieder. Das war das Szenario, was die Norder Feuerwehrleute Stefan Decker und Thomas Weege mit Holger Eilers von der AG Reederei Norden-Frisia ausgearbeitet hatte.

Die Freiwillige Feuerwehr Norden konnte bei ihrer Ankunft im Norddeicher Hafen jedoch zunächst wenig ausrichten. Das Schiff befand sich zu diesem Zeitpunkt ja noch auf See. Die Erkunderdrohne der Leitstelle Ostfriesland war parallel am Flugplatz Norden-Norddeich gestartet und konnte Livebilder von dem Havaristen senden. Dies beschleunigte und vereinfachte die Lagebeurteilung enorm. Es stand fest, dass diese Lage zu einer echten Herausforderung wird und zahlreiche Spezialisten für gefährliche Güter und Stoffe benötigt werden. Somit wurden alle Gefahrgut- und ABC-Einheiten aus den Landkreisen Aurich, Leer und Wittmund sowie der Stadt Emden alarmiert. Auch das Deutsche Rote Kreuz, die Seenotretter der DGzRS-Station Norddeich und ein Rettungshubschrauber von NHC machten sich auf den Weg. Das Rettungsboot „Otto Diersch“ konnte einen Notarzt an Bord bringen und dann einen Verletzten übernehmen. Der Rettungshubschrauber seilte zunächst einen Retter auf das Schiff ab und konnte dann ein Besatzungsmitglied nach oben in den Hubschrauber ziehen und an Land fliegen. Die Norder Feuerwehr brachte mit ihrem Mehrzweckboot zwei Atemschutzgeräteträger zur Erkundung an Bord. Danach steuerte Kapitän Markus Poppinga das Schiff weiter in den Norddeicher Hafen.

Auf den Kaiflächen bauten sich zwischenzeitlich die zahlreichen Gefahrgut- und DRK-Einheiten auf und bereiteten sich auf das Eintreffen des Schiffes vor. Für viele Einsatzkräfte war es ungewohnt, dass sie bei Ankunft am Einsatzort noch keine Lage vorfanden. Diese traf erst rund eine Stunde später ein und machte an einem Liegeplatz fest. Für die Einsatzkräfte gestaltete sich der Zugang in Chemikalienschutzanzügen (CSA) auf das Schiff schwierig. Dieser gelang nur mittels Drehleiter und einer behelfsmäßigen Brückenkonstruktion.

Die Feuerwehrleute durchsuchten in ihren Schutzanzügen das gesamte Schiff und brachten die Verletzten von Bord. Der Brand in dem Container wurde mit Schaum bekämpft. Die CSA-Träger konnte an alle nur wenige Minuten im Einsatz bleiben, da ihre Arbeit sehr anstrengend war und ausreichend Atemluft für den Rückweg und die Dekontamination benötigt wurde. Entsprechend hoch war der Bedarf an CSA-Trägern.

An Land fand die Dekontamination aller kontaminierten Personen statt. Das DRK übernahm danach die Verletzten. Obwohl ausreichend Aufgaben für alle Teilnehmer vorbereitete waren, gab es an der einen oder andere Stelle mal etwas Leerlauf. Dieser wurde spontan mit Reanimationsübungen an einer speziellen Übungspuppe eliminiert.

Das Niedersächsische Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz (NLBK) hatte zudem ein ABC-Erkunderfahrzeug nach Norddeich beordert. Mit diesem speziellen Messfahrzeug wurden im Hafen und den angrenzenden Wohngebieten Schadstoffmessungen durchgeführt.

Gegen 13 Uhr endete die Großübung mit einem Mittagessen vom Verpflegungszug Middels. Man sah viele erschöpfte, aber auch zufriedene Gesichter. Allen Beteiligten war deutlich geworden, dass Einsätze auf Schiffen und dann auch noch unter Beteiligung von Gefahrstoffen eine ganz besondere Herausforderung sind. Der Einsatz einer Vielzahl von Spezialisten ist unabdingbar und würde im Ernstfall den Umfang des Geübten nochmals sprengen. Daher sind Übungen in dieser Form auch von elementarer Bedeutung.